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Die Handschriften

Aramäische christliche und weltliche Handschriften
(5. bis 18. Jh.) - Besonderheiten

Die aramäischen Handschriften - geschrieben in Spätaramäisch / Alt-Syrisch, meist in den Schriftformen Estrangelo oder Serto - stellen einen herausragenden Teil des aramäischen Kulturerbes dar. Sie sind die Säulen der Erhaltung und Weitergabe der aramäischen Sprache seit mehr als 1600 Jahren. Die ältesten Handschriften stammen aus dem 5. bis 7. Jahrhundert. Die Tradition des Schreibens wurde bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt. Dabei entwickelte sich eine Kunst des Schreibens und der Schreiber, die ihre Würdigung im hohen sozialen Status der Schreiber seit der Antike fand: syrische Schreiber wurden von ihren Herrschern im Nahen Osten sogar auf Monumenten verewigt. Die aramäischen Handschriften zeichnen sich gegenüber Handschriften in anderen Sprachen durch Besonderheiten aus. So wurden solche Manuskripte zu allen Zeiten vom Schreiber oft mit einer Endnotiz versehen, Kolophone genannt, die alle Arten von wertvollen Informationen enthalten kann: Datierung bis auf Tag und Stunde, Ort der Fertigung des Manuskripts, Kunde bzw. Auftraggeber und Grund des Auftrags, der Name des Schreibers, verbunden mit sich selbst entschuldigenden Zusätzen und Bitten um Gebete für sich selbst und ihre Familien. In späteren Manuskripten können die Attribute, die ein Kopist für sich selbst wählte, eine halbe Seite oder mehr füllen. Teils wurden auch Informationen über Ereignisse hinzugefügt, die die Aufmerksamkeit des Schreibers erregten - oft war das ein traumatisches Erlebnis, z. b. die Plünderung eines nahe gelegenen Dorfes oder Klosters. Historische Notizen dieser Art können auch von späteren Lesern hinzugefügt worden sein und folglich aus späterer Zeit als derjenigen stammen, in der das Manuskript geschrieben wurde. Syrische Handschriften können daher über ihren Inhalt hinaus bedeutende zeitgeschichtliche Dokumente sein.

Dokumente:

I. Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.) - vier Originalhandschriften auf Pergament und Papier der Staatsbibliothek Berlin-PK

1. Sog. Phillipps-Bibel aus dem 5./6. Jh. (Sachau 7/Phillipps 1388).
Die Bibel kommt aus der Sammlung von Sir Thomas Phillipps (1792-1872), einem englischen Buchsammler. Nach seinem Tod wurde seine umfangreiche Buch- und Handschriftensammlung zerstreut; ein Teil der Manuskripte kam Ende des 19. Jahrhunderts auch in die Königliche Bibliothek, die heutige Staatsbibliothek.
In der auf Pergament in der Schreibart Estrangelo verfassten Handschrift befindet sich eine Notiz, dass sie am 6. März 677 n. Chr. der Kirche von Bêth-Bisha, als Bacchus ihr Presbyter war, geschenkt wurde. D.h., dass sie vor dieser Zeit geschrieben worden sein muss. Sachau datiert sie gegen Ende des 5. oder zu Anfang des 6. Jh. Es handelt sich um eine der ältesten aramäischen Handschriften der Staatsbibliothek Berlin - PK.
Einen Titel der Handschrift als solches gibt es nicht. Sachau nennt „Die vier Evangelien nach der Peshitta“. Davor steht der Brief des Eusebius an Carpianus über die Einteilung der einzelnen Evangelien in Abschnitte, d. i. die Zusammenstellung der inhaltsverwandten Stellen der verschiedenen Evangelien in zehn Kategorien oder Canones. Das ist bedeutsam, weil die Handschrift eine der frühen Zeugnisse dieser Einteilungen sein dürfte. Die Abbildungen, die hier gezeigt werden, zeigen den ersten Canon, ein Verzeichnis der Stellen, die in allen vier Evangelien vorkommen (Bl. 3a) und den neunten und zehnten Canon (Bl. 9b / 10a). Der neunte Canon ist ein Verzeichnis der Stellen, die übereinstimmend in je zwei Evangelien vorkommen, der zehnte Canon ein Verzeichnis derjenigen Stellen, die sich nur bei Matthäus oder Marcus finden.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.)
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2. Abhandlung über das Astrolab (Scholion de Astrolabo) von Severus aus Nisibis, Bischof von Kenneshrin,  aus dem 7. Jh. n. Chr. Die Schreibart des in Alt-Syrisch verfassten Textes ist Serto. (Petermann 26 = Verz. 186).
Die Abhandlung ist mit einem Kommentar zu den sechs Centurien des Evagrius von Pontus (gest. 399), verfasst im Jahre 1165 n.Chr. von Dionysius Bar Salibi, Bischof von Amid (heute Dijarbekir), in einem Band mit 122 Blättern zusammengefasst.
Das hier gezeigte Blatt enthält eine Darstellung der Handhabung des Astrolabs.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.)


3. Sammlung von Predigten von Kirchenvätern vor und nach der Kirchenspaltung (Konzil von Chalcedon 451). Die auf 55 Pergamentseiten verfasste Handschrift aus dem 8.-9. Jh. n. Chr. stammt aus dem Tur Abdin und ist in der Schreibart Estrangelo abgefasst.(Sachau 220 = Verz. 28)
Aufgeschlagen sind zwei reich verzierte Seiten. Unter dem Maria-Bild beginnt eine Homili des Cyrillus auf die Jungfrau Maria im Disput gegen Nestorius. Auf der zweiten Seite wird durch Johannes Chrysostomus der Kindermord zu Bethlehem dargestellt.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.)
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4. Sammlung von 15 Anaphoren oder Canones missae in drei Bänden. Sie vereint Bestandteile von 1280 n. Chr. nach dem Kolophon Lazarus Bar Sobtho, sowie Bestandteile mit älteren Anteilen bis ins 10. Jh. n. Chr. und jüngere Anteilen aus dem 17./18. Jh. n. Chr. Die Schreibart der 180 Blätter aus Papier ist Serto. Entstehungsort und Verfasser sind unbekannt. (Sachau 185, 196, 152 = Verz.151) 

- Zwei Seiten aus Band 1 (Anaphoren, Sachau 185). Blatt 1 zeigt das Altargebet zur Reinigung eines von Ketzern oder Heiden beschmutzten Altars, Blatt 2 einen zu einer Vormesse gehörenden Text.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.)
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- Drei Seiten aus Band 2 (Anaphoren, Sachau 196). Seite eins gibt das Altargebet des Jacobus Edessenus wieder, Seite zwei den Schluss des Altargebets von Lazarus Bar Sobtho. Das dritte Blatt ist nach Sachau das ursprünglich letzte Blatt des Gesamtwerks, in dem noch einmal auf die 15 Anaphoren verwiesen wird.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.)
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- Zwei Seiten aus Band 3 (Anaphoren, Sachau 152). Die erste Seite gibt das Altargebet des Patriarchen Johannes Bar Ma´dani wieder, die zweite das des Mor Abrohom.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 5.Jh. bis 13.Jh. n. Chr.)
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II. Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum
13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.) - sechs Originalhandschriften auf Pergament und Papier der Staatsbibliothek Berlin-PK

1. Das Neue Testament. Als Verfasser der vielfach unvollständigen Niederschrift  wird Diakonus Isa aus Aserbaidshan genannt, die Datierung erfolgt auf das 11. bis 13.Jh. n. Chr. Die Schreibart der 306 Papierblätter umfassenden Handschrift ist Estrangelo in ostsyischer Form. (Sachau 24= Verz.6)

Nachfolgend zwei Seiten. Die erste Seite enthält in ihrem oberen Teil das Ende der Epistel an die Korinther und - nach der roten Schrift - den Beginn der Epistel an die Galater. Die zweite Seite gibt Matthäus 13, 20 wieder.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.)
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2. Die Evangelien nach der Peshitta: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes.
Niedergeschrieben 1204 n. Chr. in einem Kloster im Tur Abdin. Die Schreibart der 224 Pergament Blätter ist Estrangelo. (Sachau Verz. 9- ms.Diez.A.oct.175.1)

Nachfolgend vier Blätter. Blatt 1 eine Seite mit einem Kolophon - einer Anmerkung des Schreibers, die in der Übersetzung lautet: „Oh Herr, gib Wissen dem, der Wissen liebt. Und den Lehrer, der gut lehrt, mache groß in Deinem Himmelreich.“ Die Blätter 2, 3 und 4 sind Textseiten. Die beiden abwechselnd rot und schwarz geschriebenen Seiten enthalten Angaben über die Evangelien, die zu den Festen gelesen werden - in der Abendandacht und in der Eucharistiefeier. Die dritte Textseite (Blatt 4) enthält das Evangelium nach Johannes, Kapitel 10, 18-27.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.)
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3. „Das Paradies Eden“, Poesie, im Jahre 1318 n. Chr. vollendet von Ebedjesu in Alkosh, nahe dem Kloster Hormizd. In der hier vorliegenden Form von 99 Papierblättern mit dem Datum 1.1.1734 von einem unbekannten Schreiber vom Original abgeschrieben in der Schreibart Estrangelo in ostsyrischer Form. (Sachau 21 = Verz. 72)
Nachfolgend 3 Blätter. Die ersten beiden Blätter enthalten eine Einführung und Begründung des Werks sowie eine Beschreibung des Lebens der Heiligen und Gerechten. Das letzte Blatt zeigt den Beginn des 1. Kapitels mit poesievollen Lobeshymnen auf den Herrn.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.)
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4. Sammelband. Angelegt im 14. Jh. n. Chr. von einem Geistlichen,  der durch die Wiedergabe
der Aussprüche berühmter Kirchenväter und Asketen die Lehre seiner Kirche illustrieren und befestigen wollte. Enthalten sind Zitate von griechischen und syrischen Kirchenvätern (Ephrem, Jacobus, Edessenus), Auszüge aus der Historia Lausiaca des Palladius und den Apophthegmata  patrum, ein Stück des Alexander-Romans, Notizen über die Propheten des alten Testaments, Zitate aus dem Neuen Testament u.a. Die Schriftform der 36 Papierblätter ist Serto. (Sachau 165 = Verz. 201)
Nachfolgend 4 Blätter. 1. Blatt: biografische Notizen über Kirchenväter, u.a. Gregorius von Nyssa. 2. Blatt: Notiz über den Patriarch Petrus von Alexandrien. 3. Blatt: Erzählungen über christliche Belehrungen in Griechenland, vorgenommen von Dyonosius. 4. Blatt: Erzählung über Petrus und Paulus in Rom.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.)
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5. Bruchstück einer Sammlung kirchlicher Poesien für das ganze Jahr. Entstanden im Tur Abdin vor
1374 n.Chr. Die Schreibart der 45 Pergamentblätter ist Estrangelo. (Sachau 355 = Verz.18)
Nachfolgend zwei Blätter, die einen Lobgesang /Hymne auf die Karwoche enthalten.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.)
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6. Sammlung von liturgischen Schriften, angelegt im 14./15. Jh. n.Chr. in Damaskus. Sie enthält Gesänge und Ordines für eine Reihe von Feiertagen des  Jahres. Die Schreibart der 223 Papier-Blätter ist Serto in melkitischer Form und arabisch. (Sachau 100 = Verz. 304)

Nachfolgend vier Blätter. Die beiden ersten Blätter enthalten einen Hymnus auf die Auferstehung zu Ostern. Das 3. Bl. ist das Schlussblatt eines Abschnitts / Kapitels mit Verzierungen. Das 4. Bl. zeigt im oberen Teil das Ende eines Gebets. Unter der Verzierung werden  arabische Gesänge in arabischer Schrift wiedergegeben.

Christliche Aramäische Handschriften in Spätaramäisch / Alt-Syrisch (Zeitraum 13.Jh.n. Chr. bis 18.Jh. n. Chr.)
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III. Weltliche aramäische Schriften (Zeitraum zwischen dem 13. und 18.Jh.) - Handschriften, neuere Druckschriften, z. b. aramäische Grammatik, Rechtssammlung aus der Staatsbibliothek und dem Besitz der Stiftung Aramäisches Kulturerbe

1. Kthobo D´Hudoyo – Nomocanon des Bar Hebraeus (1226-1286)
Bar Hebraeus gilt als bedeutendster Philosoph, Theologe und Universalgelehrter des Orients im 13. Jh. Die von ihm verfasste Gesetzessammlung des kirchlichen und zivilen Rechts galt in aramäischen Gemeinschaften über Jahrhunderte. Aufgrund daraus entstandener allgemeiner Verhaltensweisen kann sie noch heute in besonderen zivilen und kirchlichen Fragen Bezugspunkt für deren Regelung sein. Aufgeschlagen ist das Inhaltsverzeichnis mit Kapiteln, wie „Über die Verlobung“, „Vom Testament“, „Über das Erben“, „Über Kauf und Verkauf“, „Über Leihe und Pfand“.

Vorliegende Ausgabe wurde handgeschrieben von Seiner Eminenz Mor Julius Jesuh Cicek im Jahre 1986 und im Bar Hebräus Verlag, Niederlande, verlegt.

Weltliche aramäische Schriften (Zeitraum zwischen dem 13. und 18.Jh.)
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2. Einleitung und Flexionsbeispiele einer Grammatik der Syrischen (aramäischen) Sprache - Kthobo dnuhor Sharwoye

Es handelt sich um eine 1772 gefertigte Kopie der noch heute gültigen Grammatik des Metropoliten Timotheus Issak von Amid (heute Diyarbakir in der Südosttürkei). Diese lässt sich zurückführen auf die Grammatik der Syrischen Sprache des Bar Hebraeus aus dem 13. Jh.

Die Sprache der Handschrift ist Altsyrisch, auch Kthobonoyo - „Schriftsprache“ - genannt. Die verwendete Schriftform ist Serto ( Sachau 222 (Petermann 17))

Weltliche aramäische Schriften (Zeitraum zwischen dem 13. und 18.Jh.)


3. Seite einer Gedichtsammlung mit Versen aus dem Gedicht „O Herr, gib Wissen“ von Mor Ephrem
Die hier im Auszug gezeigte, um 1860 in einem Kloster des Tur Abdin entstandene Handschrift versammelt Gedichte bedeutender aramäischer Literaten, Wissenschaftler und Theologen: Mor Ephrem (hl. Ephraim, 303-373), Mor Jakub von Sarug (hl. Jakob von Sarug, 451-521), Mapheryono Simeon (1670-1740), Mapheryono Ignatius Marcus, genannt Bar Qiqi (991 geweiht, gest.1016) und der ungenannte Dichter der Josephsgeschichte.
Die Sprache der Handschrift ist Altsyrisch, auch Kthobonoyo - „Schriftsprache“ - genannt. Die verwendete Schriftform ist Serto (Sachau 190 =Verz. 166).

Übertragung des Textes:

Jetzt schreiben wir ein Gedicht des Heiligen Ephrem.
Es ist über die Sanftmut, den Verweis, die Zurechtweisung,
das Lehren und Lernen (wörtl. Lehrer und Schüler)
und über die Liebe zum Lernen

O Herr, gib Wissen dem, der Wissen liebt.
Und den Lehrer, der gut lehrt,
mache groß in Deinem Himmelreich.

Der, der das Wissen liebt,
dessen Wissen möge sich vermehren.
Und der, der bequem ist,
wird nicht vermögen, ein Strebender zu sein.

O Mensch, halte fest am Eifer,
dem Hort großer Weisheiten...

Weltliche aramäische Schriften (Zeitraum zwischen dem 13. und 18.Jh.)


4. Simto d´Leshono Syroyo – Schatz der Syrischen (aramäischen) Sprache
Das umfassende Lexikon des Altsyrischen wurde im Jahre 1897 in Urmia (Nordwestiran) vom Metropolit Thuoma Audo fertig gestellt und publiziert. Es erklärt und umschreibt alle im Altsyrischen gebräuchlichen Worte und Begriffe. Aufgeschlagen ist der Anfangsbuchstabe M - M, wie für Moryo - Herr.
Vorliegendes Exemplar ist ein Reprint des Lexikons, herausgegeben vom Kloster St. Ephrem der Syrer in Losser, Holland, im Jahre 1985. Die verwendete Schriftform ist Estrangelo.

Weltliche aramäische Schriften (Zeitraum zwischen dem 13. und 18.Jh.)
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