Aramäisch setzt sich als modernes Kommunikationsmittel durch: Von der Übernahme des Phönizischen Alphabets über die assyrische Reichssprache zur Lingua Franca des Nahen und Mittleren Ostens
Das Aramäische ist als Schriftsprache seit über 3000 Jahren nachgewiesen. Als im 7. Jahrhundert v. Chr. die Assyrer endgültig die aramäischen Stämme, Städte und Königreiche im Zweistromland besiegten, übernahmen sie die Sprache der Besiegten und machten sie zu ihrer Reichssprache. Das geschah nicht zuletzt, weil die aramäische Schriftsprache dem Akkadischen der Assyrer überlegen war. Das aramäische Alphabet besaß nur 22 Buchstaben und man konnte es - anders als die akkadische Keilschrift, die mit Rohrgriffel in Tontäfelchen gedrückt wurde - mit Tinte auf Papyrus, Pergament und Leder schreiben. Ein gewaltiger Fortschritt.
Ursache dafür war die Übernahme des phönikischen Alphabets in die aramäische Sprache etwa um 1000 v. Chr. Dabei erfolgte auch eine Weiterentwicklung der phönikischen Schriftsprache durch Einführung der Leerstelle zwischen den Wörtern. Im Phönikischen stand dort ein Punkt bzw. es wurde übergangslos alles zusammengeschrieben.
Beginnend mit dem 5. Jahrhundert v. Chr. begann sich Aramäisch in seiner Form als Reichssprache der Assyrer bzw. der Babylonier und dann im achämenidischen Reich zur Lingua Franca des Vorderen und Mittleren Ostens zu entwickeln. Im Vorderen Orient löste es ab ca. 300 v. Chr. Hebräisch als Volkssprache ab. Es ist deshalb auch die Sprache von Jesus und eine der Sprachen der frühesten Zeugnisse des Christentums. So sind große Teile der Bücher des Alten Testaments Esra und Daniel in Aramäisch verfasst, was auch durch einige in Aramäisch geschriebene Schriftrollen von Qumran belegt ist.

Fresko aus Tell Ahmar (Til Barsip) mit Schreibern für Aramäisch (li) und Akkadisch, die assyrische Keilschrift (re). Til Barsip war das Zentrum des aramäischen Königreichs Bit Adini, das 856 v.Chr. durch den assyrischen König Salmanassar III. unterworfen wurde.
Das Bild demonstriert den Fortschritt durch das Aramäische. Es zeigt einen aramäischen und einen assyrischen Schreiber im assyrischen Reich, die gleichzeitig einen Text aufnehmen: der Aramäer auf Pergament oder Papyrus schreibend, der Assyrer mit Tontäfelchen, in das die akkadischen Keilschriftzeichen gedrückt werden.
(Entnommen aus: Die verborgene Perle Bd. 1 – Das antike aramäische Vermächtnis, Sebastian P. Brock, 2001)
Früheste
Zeugnisse aramäischer Schrift in Form von Inschriften auf
Steinobjekten und Objekten aus Ton/gebranntem Ton in Altaramäisch
und Reichsaramäisch (Zeitraum 9. bis 7. Jh. v. Chr.) sowie
Mittelaramäisch (2. Jh. n. Chr.) aus dem Vorderasiatischen Museum
Dokumente:
I. Objekte aus dem aramäischen Königreich Sam’al (Stein)
1. Relief (H 130cm, B 154cm) mit phönizischer Inschrift des
Königs Kilamuwa von Sam´al mit Königsdarstellung und Göttersymbolen von
825 v. Chr.: Lobpreisung seiner Herrschaft im Vergleich zu angeblich
erfolglosen anderen Herrschern.
Kilamuwa war im späten 9. Jh. König
des aramäischen Königreiches Bit Gabbari oder Sam`al oder Ya´di. Seine
Inschriften, die die ältesten Sam´al zugeordneten Inschriften sind,
sind noch in Phönizisch abgefasst. Spätere Könige schrieben Aramäisch.
Standort: Vorderasiatisches Museum Raum 2 (Syrien)
2. Basaltstatue des Wettergottes Hadad aus dem aramäischen
Königreich Sam´al mit altaramäischer Inschrift von König Panamuwa I. um
725 v. Chr. Die Inschrift bedeckt die gesamte untere Bekleidung der
Statue. Sie spiegelt den königlichen Totenkult in Sam'al im 8. Jh. v.
Chr. wider und stellt das Mahl des verstorbenen Königs mit dem
Wettergott dar. Der Inschrift zufolge soll ein Nachkomme des Königs
Panamuwa bei einem Opfer für Hadad den Namen des Gottes anrufen und zu
ihm sprechen:
„es soll essen die nbs (vermutl. Seele) des Panamuwa mit dir
und es soll trinken die nbs des Panamuwa mit dir“
(entnommen aus: Herbert Niehr, Zum Totenkult der Könige von Sam'al im 9. und 8. Jh. v. Chr.)
Standort: Vorderasiatisches Museum Raum 2 (Syrien)
3. Orthostatenfragment aus dem aramäischen Königreich Sam’al. Relief mit König Barrākib und einem Fries mit Göttersymbolen und 9 Zeilen in Altaramäisch zwischen 733/32 und 727 v. Chr.
König Barrākib war, wie sein Vater Panamuwa I., bereits Vasall der Assyrer
Standort: Vorderasiatisches Museum Raum 2
4. Basalt-Eckorthostat aus dem aramäischen Königreich Sam’al, darstellend König Barrākib und seinen Schreiber um 730 v. Chr. Die altaramäische Inschrift lautet:
„Mein Herr Ba´al von Harran, ich bin Barrākib, Sohn des Panamuwa“
Standort: vorderasiatisches Museum Raum 2 (Syrien)
5. Drei Doleritfragmente aus dem aramäischen Königreich Sam’al nach 733/32 v.Chr. mit einer oder mehreren altaramäischen Inschriften des Königs Barrākib von Sam’al.
II. Objekte aus Assur und Babylon (Tonscherben, Tontäfelchen)
1. 6 Tonscherben mit weißer Glasur aus Assur zur Regierungszeit Assurbanipals (669-629 v. Chr.) mit einem in Reichsaramäisch abgefassten Brief politischen Inhalts des Bēl-ētir, gerichtet nach Māt-Akkadī zur Wiedergewinnung von geflüchteten Sklaven (VA 8384).
2. Zwei Tontäfelchen aus Assur - sog. Bullen, die mittels Schnüren an den gewünschten Stellen besfestigt wurden - datiert auf das 7. Jh. v. Chr. mit beidseitiger Inschrift geschäftlichen Inhalts in Reichsaramäisch, einen Schuldschein darstellend. (VAT 7498, 7499)
3. Tontäfelchen aus Babylon, 5. Jh. v.Chr., mit akkadischer Keilschrift und aramäischer Schrift. Es verdeutlicht die Effektivierung der schriftlichen Kommunikation durch die Verwendung der aramäischen Buchstabenschrift gegenüber den akkadischen Keilschriftzeichen.
Die Urkunde verzeichnet eine Pachtgabe von Datteln des Dannat-Belet, betreffend 13 gur (Trockenmaß, ca. 2340 Liter) Datteln, ausgestellt am 24. Tag des Monats Abu des 14. Jahres des Königs Artaxerxes I. (451 v. Chr.). Der aramäische Text gibt mindestens den Inhalt der weitgehend zerstörten akkadischen Vorderseite der Tontafel wieder, doch ist die aramäische Lesung nur teilweise gelungen.
Die auf der Rückseite zu sehenden aramäischen Beischriften dienten als Notizen auf Keilschrifttafeln von der assyrischen Periode bis zu den achämenidischen Herrschern. Sie geben in der Regel nur kurze Hinweise auf ihre Archivierung, nennen zumeist nur Gegenstand mit Summe, die Datierung und einzelne Namen. (VAT 13422+13411)
III. Objekte aus Babylon (Keramik- gebrannter Ton)
1. Bemalte Keramikschalen - sog. Magische oder Zauberschalen – mit mittelaramäischer Inschrift aus Babylon, datiert auf das 2. Jh. n. Chr.